Keine Fixation des Mesh bei Leistenhernien

Grundsätzlich sind nichtfixierte Meshes bei der Leistenhernien-OP mit weniger Schmerzen assoziiert. Die Onstep-Methode (Open New Simplified Totally Extraperitoneal, erstmals beschrieben von den Portugiesen Augusto Lourenço and Rui Soares da Costa 2012) ist salopp gesagt eine „halbe TEP“ und ein „halber Liechtenstein“ über einen anterioren Zugang, indem der medial Netzanteil extraperitoneal und der lateral wie beim Lichtenstein auf dem M. obliqus internus, resp. seiner Aponeurose liegt. Eine RCT (ONLI trial NCT01753219) aus Dänemark zeigt, dass die Onstep-Methode (N=130) gegenüber der Lichtenstein-Methode (N=129) weniger Schmerzen (17 aus 130) bei sexueller Aktivität aufweist als bei der Lichtenstein-Methode (30/129, P = 0,034).

Grundsätzlich scheint mir die Onstep-Methode technisch nicht so einfach zu sein, als publiziert. Ein schönes Video der Fa. Bord, die auch das Mesh bereitstellt ist unter https://www.youtube.com/watch?v=lSBmIZ4rD-I zu sehen. Die TEP ist da überzeugender. Andererseits weist die Studie auf ein Problem hin, das einige Pts. nach Leistenhernien-OP betrifft und selten abgefragt wird. Bei dieser Studie, und das ist ein Nachteil wurden offensichtlich Fixationsnähte beim Lichtenstein verwendet und kein selbsthaftendes Netz. In diesem Zusammenhang möchte ich auf unser Arbeit hinweisen: Lechner MN, Jäger T, Buchner S, Köhler G, Öfner D, Mayer F. Rail or roll: a new, convenient and safe way to position self-gripping meshes in open inguinal hernia repair. Hernia. 2016;20:417-22

Andresen K et al. Sexual dysfunction after inguinal hernia repair with the Onstep versus Lichtenstein technique: A randomized clinical trial. Surgery 2017 ahead of print

Keine Splenektomie beim proximalen Magenkarzinom

Die bekannte holländische Studie zum Magenkarzininom mit D2 Lympahdenektomie, die viel diskutiert wurde hat gezeigt, dass die Splenektomie, verbunden mit Pankreaslinksresektion durch die dadurch hervorgerufene Morbidität und Letalität die Vorteile einer D2 Lymphadenektomie aufhebt. Daher wird die Splenektomie nur bei proximalen Sitz an der großen Kurvatur empfohlen.

Eine japanische RCT (Splenektomie N=254 vs keine Splenektomie N=251) zeigt nun nach einem 5 Jahres f-up, dass der Verzicht auf Splenektomie beim proximalen Magenkarzinom einer Splenektomie nicht unterlegen ist (P = 0,025; 75% vs 76% Überleben). In der Gruppe der splenektomierten war die Pankreasfisterate häufiger (32 pts. vs 6 P < 0,001), als auch die gesamt postoperative Morbidität (77 vs 42 pts.; P < 0,001). Eine Stratifizierung nach dem Sitz an der großen Kurvatur fehlt leider in der Studie.

Sano T et al. Stomach Cancer Study Group of the Japan Clinical Oncology Group. Randomized controlled trial to evaluate splenectomy in total gastrectomy for proximal gastric carcinoma. Ann Surg. 2017;265:277-83

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Hydrieren vor km-CT bringt keine Vorteile

Eine RCT (AMACING trial, NCT02106234) aus den NL zeigt (332 vs 328 Pat.), dass bei Pat. mit einer eGFR von 30-59ml/min pro 1,73m2 KOF eine Hydrierung mit im Mittel 1.637ml NaCl 0,9% keinen Vorteile bringt. Post-CT Nephropathie (CIN) in 2,6% vs 2,7%. Keine Hämodialysen oder gar Todesfälle nach 35 Tagen, aber 5,5% Komplikationen durch die Hydrierung (4% CHF, 1,2% Arrythmien, 0,3% Hypernatriämie). Kosten fallen die Hälfte an (€1.455 vs €792).

Es gibt sicher Kliniken, bei denen in dieser Konsgellation kein Kontrastmittel gegeben wird mit dem Fazit, dass die CT Untersuchung eigentlich für fast jegliche Fargestellung unbrauchbar wird. Wie stets mit den entsprechenden Leitlinien? Wer weiß da mehr? In den ESUR Leitlinien vs 7.0 ist von einer KI keine Rede, nur von Vorsichtsmaßnahmen bei einer eGFR <60ml/min/1,73 m2KOF. Neu ist also, dass die Hydratation keinen Vorteil eher Nachteile birgt.

Nijssen EC et al. Prophylactic hydration to protect renal function from intravascular iodinated contrast material in patients at high risk of contrast-induced nephropathy (AMACING): a prospective, randomised, phase 3, controlled, open-label, non-inferiority trial. Lancet. 2017 [Epub ahead of print]

Leberversagen nach Leberresektion

Es wird angenommen, dass der erhöhte portale Blutfluss nach ausgedehnter Leberresektion Schäden in der Architektur der Restleber hinterlässt. Da liegt es auf der Hand, den Blutfluss zu reduzieren. In einem Großtierversuch (mit 75% Leberresektion) wurde der Hypothese mit einem aufblasbaren vaskulären Band (ähnlich dem Magenband in der bariatrischen Chirugie) nachgegangen und gezeigt, dass obwohl nicht statistisch signifikant nur 25% der Schweine gegenüber 40% in der Kontrollgruppe ohne insuffliertem Band innert 3 Tagen starben. Der portale Druckgradient war in der Bandgruppe stat. sig. niedriger, der Ki-67 Proliferationsindex der Restleber am POD 3 höher und Veränderungen der Leberarchitektur geringer. Morphometrische Untersuchungen zeigten geringere „intersection branches“ und „intersection nodes“ der Kanalikuli.

Sehr interessante Erkenntnisse, die möglicherwiese Einfluss auf das chir. Vorgehen haben könnten, aber natürlich noch weiter beforscht werden müssen. Sie passen in das klinische Bild, das wir bei der Leberresektion sehen. Vor allem dann, wenn der Ausfluss aus der Leber zum Beispiel bei Resktion oder LIgatur der mittleren Lebervene gestört ist. Daher streben wir an der VTT an, die aus technischen oder onkologischen Gründen zu resezierende mittlere Lebervene bei in situ zu belassenen Seg 4 – wegen des kritischen Restlebervolumen, stammnahe zu rekonstruieren.

Bucur PO et al. Modulating Portal Hemodynamics With Vascular Ring Allows Efficient Regeneration After Partial Hepatectomy in a Porcine Model. Ann Surg 2017, ahead of print

Darm-MRSA und SSI

Unter dem Begriff der „trojan horses hypothesis“ wird angenommen, dass MRSA , der den Darm besiedelt von Neutrophilen „metastastisch“ in die Wunde verschleppt wird. Dabei handelt es sich um eine Tierexperiment, das gezeigt hat, dass in der Gruppe der Mäuse, die über die Nahrung MRSA zugeführt bekommen haben in 10% bei primär sterilen Wunden Wundabszesse auftraten und in 22,5% auf MRSA positive Kultiuren der Wunde nachgewiesen wurden. In der Kontrollgruppe mit i.v. MRSA traten keine Wundeinfektionen auf. In den zirkulierenden Neutrophilen konnte mittel Durchflußzytrometrie MRSA im Zytoplasma in der darmbesiedelten Gruppe der Mäuse nachgeweisen werden.

Sehr interessante Hypothese. Passt vielleicht auch in die in letzter Zeit wieder diskutierte orthograde Darmvorbereitung mit einem oral nicht resorbierbaren AbX. Letzteres macht wahrscheinlich den Unterschied zu den Voruntersuchungen aus, die gezeigt haben, dass eine orthograde Darmvorbereitung höhere Morbiditäten produziert. Daher wurde diese Praxis vielerorts verlassen, so auch an der VTT. Mittlerweile mehren sich die Hinweise, dass Abführmaßnahmen kombiniert mit der Gabe von oralen, nicht resorbierbaren AbX die Rate an Anastomoseninsuffizienzen und Wundinfektionen signifikant zu senken vermag (Murray ACA , Kiran RP. Benefit of mechanical bowel preparation prior to elective colorectal surgery: current insights. Langenbecks Arch Surg 2016;401:573-80). Jedenfalls haben wir an der VTT bei Rektumresektionen, die ein protektives Stoma benötigen wieder die orthograde Darmvorbereitung mit einem oral nicht resorbierbaren AbX begonnen.

Krezalek M et al. Can Methicillin-resistant Staphylococcus aureus Silently Travel From the Gut to the Wound and Cause Postoperative Infection? Modeling the „Trojan Horse Hypothesis“. Ann Surg 2017, ahead of print

Lange Roux-en-Y Magenbypass Lernkurve

Bezogen auf einen Referenzwert von 75! Roux-en-Y Magenbypass Operationen wurde an 29 Chirurgen an 11.684 Operationen gezeigt, dass nach 76-150 die Op Zeit auf 172 Minuten und die po. Morbidität lediglich um 7% (0,7 bis 1,2) gesenkt werdne konnte. Nach 301 bis 375 Operationen sinkt die OP-Zeit immer noch (150 Minuten), die po. Morbidität noch nicht signifikant unterschiedlich (30% Risikoreduktion; 0,4 bis 1,0). Erst ab 526 Roux-en-Y Magenbypass Operationen mit einer durchschnittlichen OP Zeit von 139 Minuten sinkt die po. Morbidität signifikant (Risikoreduktion von fast 50%, 0,3 bis 0,8; P=<0,02).

Alleine 75 Roux-en-Y Magenbypass Operationen sind schon nicht wenige OPs. Um so überraschender, dass sich eine tatsächliche Reduktion der po. Komplikationen erst ab mehr als 500 OPs einstellt. Vor dem Hintergrund der Situation in Ö und dem AZG wohl ein aussichtsloses Verfangen.

Doumouras A et al. Mastery in Bariatric Surgery: The Long-term Surgeon Learning Curve of Roux-en-Y Gastric Bypass. Ann Surg 2017, ahead of print

Ein neues Erdzeitalter beginnt: das Anthropozän

Mal was nicht ganz medizinisches. Seit den 50er Jahren des letzen Jahrhunderts steigen die Ablagerung in der Erde von Ruß, Beton und Plastik rasant an und in den kleinen Bläschen im „ewigen Eis“ können Methan und CO2 nachgewiesen werden. Damit werden Gesteins- und Eisproben sich deutlich vom Holozän unterscheiden, das bislang als jüngster Zeitabschnitt der Erdgeschichte galt und zirka vor 11.700 Jahren mit dem Rückzug der Gletscher (bis dahin Pleistozän) durch die Erderwärmung begonnen hat. Die Menschheit ist zu einem geologischen Faktor geworden. Der Mensch ist somit endgültig der wichtigsten Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde.

Frühe oder späte Ileostomarückop?

RCT (EASY; http://www.clinicaltrials.gov, NCT01287637), früh = 8-13 Tage POD (N=55), spät = >12 Wochen (N=57). NAch 1 Jahr f-up: im Mittel 1,2 Komplikation in der frühen vs 2,9 Komplikaiotnen por Patienten in der späten Rückop Gruppe (P<0,001)

Für uns stellt sich diese Frage eher selten, da die Mehrheit der Pat. Eine adjuvante Therapie benötigen, die innert von 3 Wochen nach OP angestrebt wird. Zudem hatten wir bei einzelnen Pat., die wir wie in der frühen Gruppen noch während des stationären Aufentahltes rückoperiert haben, sehr schlechte Erfahrung mit z.T. beträchtlicher po. Morbidität. Dies ist im Widerspruch zur vorliegenden dänisch/schwedischen Studie, trotzdem sind wir vom frühen Ilestomieverschluß abgekommen und operieren meist nach Ende der adjuvanten Chemo zurück.

Danielsen AK, Park J, Jansen JE, et al. Early closure of a temporary ileostomy in patients with rectal cancer: a multicenter randomized controlled trial. Ann Surg. 2017;265:284-290.