WHO Checkliste reduziert Komplikationen

Nachdem Medicare in den Staaten 4 „serious reportable events“ (SREs) – das sind ein Mal die falsche Operation an einem Patienten oder die geplante OP am falschen Patienten, dann die OP an falscher Seite und in situ verbliebene Fremdkörper, nicht mehr länger bezahlt, sind standardisierten Programm zur Patientensicherheit (bei uns bekannt als WHO-Checkliste) eingeführt worden. In dieser retrospektiven Studie wurden 683.193 Fälle über 4 Jahre analysiert. Die SREs vor Implementation war 0,075 nach Einführung 0,073 pro 1000 Fälle. Das entspricht einer 52% Reduktion (P<0,05). Als Nebenbefund zeigte sich ein signifikant häufigeres Auftreten von SREs bei der Roboterchirurgie. Ein Audit zeigte die 96% Befolgung des „time out“.

Die WHO Checkliste sollte in keiner Chir. Abteilung fehlen und sollte bei jeder OP sorgfältig und komplett ausgeführt werden.

Loftus T et al. Implementing a Standardized Safe Surgery Program Reduces Serious Reportable Events. JACS 2015;220:12–17.e3

Fistel nach Pankreaslinksresektion

Eine chron. Pankreatitis ist der entscheidende Risikofaktor für eine Fistelbildung nach distaler Pankreasresektion. Die Fistelbildung (post-operative pancreatic fistula [POPF]) stellt ein Problem nach Pankreaslinksresektion dar und die Art der Versorgung der Resektionsfläche steht nach wie vor zur Debatte. Es wurde gezeigt, dass die Staplerabsetzung gleichwertig der händischen Versorgung in Bezug auf die Fistelrate ist, die um die 30% angegeben wird. Die vorliegende Studie an 124 distalen Pankreasresektion versorgte die Resektionsfläche in Analogie zu unserer bevorzugten Methode (direkte Abnaht der D. pankreatikus mit überwendeliger Übernähung der gesamten Resektionfläche mit Einzelknopf) und klassifizierte die Fisteln nach den Kriterien der International Study Group for Pancreatic Fistula (ISGPF). Keine Fisteln traten in 54,8% (N = 68) der Fälle auf, Grad A in 24,2% (N = 30), Grad B in 19,3% (N = 24) und Grad C in 1,7% (n = 2). In der uni- und multivariaten Analyse zeigte sich die chron. Pankreatitis als unabhängiger Risikofaktor für die Ausbildung einer klinisch relevanten Fistel (0/Grad A vs Grad B/C; P = 0,004; OR 7,09)

Sehr interessante Beobachtung. Die Frage ist, wie kann die Fistel trotz vorliegen einer chron. Pankreatitis verhindert werden? Anastomose in eine ausgeschaltete Schlinge? po. (long acting) Octreotid? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass bei der Pankreaslinksresektion nach der radical antegrade pancreatosplenectomy (RAMPS) Methode beim Karzinom weniger Fisteln zu beobachten waren. Uns scheint es so zu sein, dass das Risiko einer Fistelbildung vom in situ verbliebenen Rest des Pankreaskörpers abhängig ist.

Distler M et al. Chronic pancreatitis of the pancreatic remnant is an independent risk factor for pancreatic fistula after distal pancreatectomy. BMC Surg. 2014;14:54.

Das Jahr 2014 in der Medizin

Gestorben sind:
im Alter von 95 Jahren Emannauel Farber: Pionierarbeiten in den 70ern zu den chem. Noxen und der DNA Interaktion, die zum Karzinom führen
im Alter con 83 Jahren Sherwin Nuland: bekannt durch viele Bücher, besonders aber mit dem 1994 erschienen „How We Die“ in dem er den Tod entmystifiziert und damit zu einem der Väter der palliativen Medizin wurde. weitere Bücher: The Biography of Medicine (1988), Medicine: The Art of Healing (1992), und The Doctor’s Plague (2003).
im Alter von 91 Jahren: Arnold „Bud“ Relman: Langzeiteditor des New England Journal of Medicine 1977-91. Er setzte Standards in der Veröffentlichung medizinischer Daten und machte des NEJM zur führenden Zeitschrift
im Alter von 79 Donald Morton: bekannt geworden durch die Arbeiten am Melanom mit der Entdeckung des Sentinel-Lymphknotens.

Nobelpreis für Medizin
An drei Neurowissenschaftler (John O’Keef: University College London, May-Britt Moser und ihren Gatten Edvard Moser von der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim) für die Entdeckung der Hirnzellen, die für die Raumorientierung verantwortlich sind. Die Entdeckungen sind auch als „inneres GPS“ bekannt und werden möglicherweise zu einem besseren Verständnis vieler neurologischer Erkrankungen inkl. des Alzheimers führen.

Größe des Bougies bei der sleeve gastrectomy

In dieser Studie bringt ein 36 French Bougie gegenüber dem üblichen 32 French weniger po. Komplikationen bei gleichem langfristigen Gewichtsverlust. Die Studie hat ein eigenwilliges Design. Im ersten Jahr wurde der 32-fr. und in der 2. Hälfte der 36-fr. Bougie verwendet. 131 Pat. wurden in diese prospektive Studie eingeschlossen. In der 36-fr Gruppe traten häufiger Erbrechen po. auf und der stat. Aufenthalt war länger (1,6±0,8 vs. 1,3±0,5 Tage; p=0,04). 14% in der 32-fr Gruppe mussten auf die Intensivstation (vs. 9%). Das 1-Jahres excess weight loss war ident (73,0±20,6% vs. 71,1±20,9%; p=0,73).

Wir werden das diskutieren. ich glaube aber nicht, dass uns das so überzeugen wird. Alleine der stat. Aufenthalt ist klinisch nicht relevant und dass 14% aller Pat. po. intensivpflichtig werden ist schwer nachvollziehbar.

Hawasli a. et al. Early Effects of Bougie Size on Sleeve Gastrectomy Outcome. Am J Surg 2014 [in press]

Antibiotische Therapie der Pneumonie

Eine RCT zur Behandlung der „community-aquired“ Pneumonie zeigt keine Unterlegenheit einer ß-Laktam Monotherapie gegenüber einer Kombination mit Makroliden. Nach 7 Tagen Therapie wies die ß-Laktam Gruppe keine Besserung in 41,2% und die Kombinationsgruppe in 33,6% auf. Ursachen für die Nichbesserung im Monotherapiearm waren atypische Erreger (hazard ratio [HR]: 0,33; 95%-CI: 0,13-0,85) oder eine PSI (Pneumonia Severity Index) Grad IV (HR: 0,81; 95%-CI: 0,59-1,10). Zudem war die 30-Tage Wiederaufnahmerate im Monotherapiearm höher (7,9% vs 3,1%, P = .01). Letalität, Intensivpflichtigkeit, Komplikatioonen, stationärer Aufenthalt, Rezidiv einer Pneumonie innert 90 Tagen waren in beiden gleich.

Garin N et al. β-Lactam Monotherapy vs β-Lactam–Macrolide Combination Treatment in Moderately Severe Community-Acquired Pneumonia
A Randomized Noninferiority Trial.
JAMA Intern Med. 2014;174(12):1894-1901

Fisteltherapie bei Mb Crohn

30 bis 50% aller Crohn Patienten entwickeln im aktiven Verlauf anale Fisteln, vor allem wenn es sich um eine links betonte Entzündung handelt. In dieser französischen Studie wurden bei 62 Patienten (insgesamt 81) die komplexe Fistel mit einer Seton Drainage mit nachfolgender anti-TNF-alpha-AK Therapie (infliximab) behandelt. 75% der komplexen Fisteln konnte so nach einem Jahr zur Abheilung gebracht werden. Rezidive traten in 41% auf.

Die Ergebnisse sind nicht überwältigend, vor dem Hintergrund der komplexen Fisteln allerdings ein gutes Ergebnis.

Haennig A et al. The results of seton drainage combined with anti-TNFα therapy for anal fistula in Crohn’s disease. Colorectal Dis. 2014 Nov 26. doi: 10.1111/codi.12851. [Epub ahead of print]

Interessantes aus 2014

–> Erstes Baby bei transplantiertem Uterus geboren. Daraufhin wurden mehrere medizinische und ethische Debatten geführt.

Brännström M et al. Livebirth after uterus transplantation. The Lancet Published Online: 06 October 2014

–> Die neuen Guidelines des American College of Cardiology (ACC) and American Heart Association (AHA) haben eine Debatte ausgelöst. Darin wurde die Lipide als Zielparameter nicht mehr in dem Umfang berücksichtigt. Einige Experten glauben zudem und parallel dazu, dass Statine keine Überlebensvorteil zeigen, wenn sie in der präventiven Indikation zur Herzkreislauferkrankung verordnet werden.

Stone NJ et al. 2013 ACC/AHA guideline on the treatment of blood cholesterol to reduce atherosclerotic cardiovascular risk in adults: A report of the American College of Cardiology/American Heart Association. J Am Coll Cardiol 2013

–> Das selbe gilt für die Leitlinien der American Society of Hypertension (ASH) in Bezug auf den Bluthochdruck, der mehr Fragen als Antworten lieferte. Behandlung ab 150/90 mmHg bei >60 jährigen, sonst ab 140/90.

James PA et al. 2014 Evidence-based guideline for the management of high blood pressure in adults: Report from the panel members appointed to the Eighth Joint National Committee (JNC 8). JAMA 2014

–> weiterhin unklar: Zusammenhang zwischen Süssungsmittel (Aspartam, Sucralose, Saccharin) und Glukosetoleranz, sowie der Menge an Salz, das Herzkreislauferkrankungen begünstigt.

–> an Gliobalstom (Stadium IV) erkrankt, nimmt sich Brittany Maynard im Alter von 29 Jahren mit einer Überdosis Barbituraten das Leben. Die Diskussion wer und wie sich unheilbar Kranke über ihr Leben entscheiden dürfen und wer ihnen dabei helfen kann, darf etc. entfacht neu.

–> Zuviel Sport ist auch nicht gesund

Mons Y et al.. A reverse J-shaped association of leisure time physical activity with prognosis in patients with stable coronary heart disease: evidence from a large cohort with repeated measurements. Heart 2014

–> Von Prothesen, Zähnen bis Herzklappen: 3D Printer werden zunehmend eingesetzt, um individuelle Anpassungen vornehmen zu können. http://www.webmd.com/news/breaking-news/20140723/3d-printing

–> Abschliessend: Ebola war (und ist) unter Medizinern die Neuigkeit mit dem höchsten Interesse (67%), gefolgt von dem Report über die erste Geburt bei transplantiertem Uterus (7) und den Statin Guidelines (5%). Der Bluttest um Depressionen zu diagnostizieren und Suicid vorherzusagen wird unter Medizinern in 47% als die wichtigste Neuerung eingestuft, gefolgt von  Maßnahmen zur Händehygiene im Krankenhaus und der „electronic nose to sniff out“ prostate cancer“. Letzteres wurde auch als die innovativste Errungenschaft von 43% der befragten gewertet.

Hepatitis C heilbar

Zumindest bestimmte Genotypen der Hep C sind heilbar. Hier die Tabelle des sustained virologic response (SVR):

Therapiekombinationen SVR 95% Vertrauensbereich
Ledipasvir/sofosbuvir : 12 weeks 99% 96%-100%
Ledipasvir/sofosbuvir + ribavirin: 12 weeks 97% 94%-99%
Ledipasvir/sofosbuvir: 24 weeks 98% 95%-99%
Ledipasvir/sofosbuvir + ribavirin: 24 weeks 99% 97%-100%

Die Therapie ist sehr teuer.

Afdhal N et al. Ledipasvir and Sofosbuvir for Untreated HCV Genotype 1 Infection. N Engl J Med. 2014;370:1889-1898

Kommentare zum Blog

Für alle die gerne die Beiträge kommentieren, auf Fehler hinweisen oder diskutieren wollen: Kommentarfeld (Symbol der eckigen Sprechblase) neben der Überschrift des jeweiligen Artikels klicken und los gehts … Freue mich auf eine rege Diskussion.

D. Öfner

Lohnt sich die Vorsorgekoloskopie?

Das deutsche Register zeigt die Vorsorgekoloskopie verhinderte 180.000 kolorektale Karzinome (KRK) in einem Zeitraum von 2003 bis 2012 bei „Patienten“ im Alter zwischen 55 und 79 Jahren. D.h. „number needed to screen“ (NNS) ist 28 um ein KRK zu verhindern. Frühkarzinome wurden 40.000 entdeckt: NNS=121. Vr allem die Patienten >75 Jahre profitieren von der Vorsorgekoloskopie. „Überdiagnose“ wurde definiert indem ein KRK diagnostiziert wurde, das klinisch in der Lebenspanne nicht diagnostiziert worden wäre. Dies waren lediglich 4.500 Fälle: NNS=1089 und waren 28% bei Pat. älter als 75 Jahre zu finden.

Im Wesentlichen Bestätigung dessen was schon bekannt war.

Brenner H et al. Prevention, Early Detection, and Overdiagnosis of Colorectal Cancer Within 10 Years of Screening Colonoscopy in Germany Clin Gastroenterol Hepatol. 2014 Sep 15. [Epub ahead of print]