Also doch nicht

Es haben bisherige Studien eine „low-intensity alcohol consumption“ mit einem längeren Überleben in Zusammenhang gebracht. Und viele haben sich darüber gefreut, nicht nur die Industrie (siehe Editorial* zur vorgestellten Untersuchung). Unter „low-intensity“ wurden 15 to 20 units per week definiert. Eine neue Studie, basierend auf „gepoolten“ Daten aus 10 großen epidemiologischen Untersuchungen, die repräsentativ für die englische Bevölkerung zwischen 1998 und 2008 sind, die betont wesentlich genauer auf Verzerrungen und „Cofounder“ eingegangene zu sein, kann dies nicht mehr nachvollziehen. Zumindest in Summe nicht. Ein Vorteil konnte allerdings in Subgruppen gezeigt werde, nämlich für Männer zwischen 50 und 65 Jahren und Frauen älter als 65 Jahre.

Wieder ein Mal ein Beispiel wie vorsichtig epidemiologische Studien, die ja nie Ursachen sondern nur Zusammenhänge, Assoziationen aufdecken können, zu interpretieren sind. Besonders gut gefällt mir allerdings in diesem Artikel der Ausdruck: „ … may be limited to younger men, aged 50 to 64 years,…“

Knott CS et al. All cause mortality and the case for age specific alcohol consumption guidelines: pooled analyses of up to 10 population based cohorts. BMJ 2015; 350 (Published 10 February 2015)

* Daube M Alcohol’s evaporating health benefits. BMJ 2015;350:h407

Marker für schwere Cholezystitis

Die Ratio ≥3 Neutrophiler zu gesamt Lymphozytenzahl zeigte sich bei 503 Patienten in einer retrospektiven Analyse als präoperativer Diskriminator um eine simple von einer komplizierten Cholezystitis (wie zum Beispiel Blutung, Gängrän oder Perforation) zu unterscheiden.

Eine große Rolle spielt diese Möglichkeit bei uns wohl nicht, da sie keinen Einfluss auf die OP-Indikation hat. Bei uns werden die Patienten mit akuter Cholezystitis innert 14 max 48 Stunden cholezystektomiert.

Lee SK et al. The Utility of the Preoperative Neutrophil-to-Lymphocyte Ratio in Predicting Severe Cholecystitis. BMC Surg. 2014;14(100)

Ungeplante Wiederaufnahme

NSQIP Daten an 346 Spitälern mit knapp 500.000 OPs. Im Durchschnitt ungeplante Wiederaufnahme 5,7% (3,8% nach Hysterektomie bis 14,9% nach peripherer Gefäßrekonstruktion). Häufigster Grund war SSI (insgesamt 19,5%), nach kolorektalen Eingriffen 25,8%, nach Hernien (überraschend) 26,5%, nach Hysterektomie 28,8% und nach peripherer Gefäßrekonstruktion 36,4%. Ileus an 2.Stelle (insgesamt 10%), nach bariatrischen Eingriffen 24,5%, nach kolorektalen 18,1%, nach Hernien-OP 16,7% und nach Hysterektomie 13,4%. Gründe waren überwiegend neu aufgetretene Komplikationen, nur in 2% ident mit denen, die sie schon während des Aufenthaltes hatten. Es gab keinen zeitlichen Zusammenhang der Wiederaufnahme mit den unterschiedlichen Ursachen. Unabhängige Risikofaktoren für die ungeplante Wiederaufnahme waren: Komorbiditäten (40% höheres Risiko), Lehrkrankenhaus (14% höheres Risiko) high volume KH 15% höheres Risiko.

Interessante Daten, dass neue Komplikationen zu einer ungeplanten Wiederaufnahme führen. Dies sollte in Risikoadjustierung Eingang finden (siehe höhere Rate in Lehr-KH). Überraschend sind die hohen SSI-Raten nach sauberen Wunden (Hysterektomie, gefäßchirg. Eingriffe und Hernien), die zu einer Wiederaufnahme führen. Unsere SSI Rate bei Klasse I Wunden beträgt rezent 2014 0,54% und war über die vergangenen Jahre nie über 0,8% (http://www.salzburg-chirurgie.at/de/leistungskatalog) und bei uns waren nicht die SSI-Raten der häufigste Grund für eine ungeplante Wiederaufnahme, sondern Schmerzen und (Sub-)Ileus.

Merkow RP et al. Underlying Reasons Associated With Hospital Readmission Following Surgery in the United States. JAMA. 2015;313:483-95

Ösophagusresektion

Retrospektive Untersuchung mit propensity score matching an zwei high-volume Zentren für Ösophagektomie zeigt (N=468; Adeno- zu Plattenepithelkarzinomen fast 50:50), dass bei klinisch cT3 und schlussendlich auch pT3 Tumoren ohne Vorbehandlung die R0 Rate bei der transthorakalen Resektion gegenüber der transhiatalen (N= 127; 27%) höher (86,2% vs 73,2%; P = 0,001) war, ebenso wie die Anzahl der dissezierten Lymphknoten (27,0 ± 12,4 vs 17,0 ± 6,4; P < 0,001). Die 30 Tage Mortalität wird ident (6,6% [8/121] vs 7,4% [9/121]), aber das transthorakale Vorgehen war ein unabhängiger Prognosenfaktor.

Wir führen an der UK für Chirurgie Salzburg fast nur transthorakale Resektionen durch

Kutup A et al. What Should Be the Gold Standard for the Surgical Component in the Treatment of Locally Advanced Esophageal Cancer. Ann Surg 2014;260:1016-22

KRK und altersabhängige Inzidenz

Interessante Beobachtung des SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results Registry) an Daten des National Cancer Instituts 1975 bis 2010 (N = 393.241). Die „overall age-adjusted“ Inzidenz für das kolorektalen Karzinom (KRK) fiel zwar um 0,92% (95% CI: −1,14 bis −0,70), es wurde aber ein signifikanter Anstieg bei jungen (< 50 Jahre) Patienten beobachtet (gleichzeitigen Abfall der Inzidenz bei älteren (≥ 50 Jahre) Patienten). Wenn das im Trend so weitergeht, wird 2030 die Inzidenz für Kolon- bei 20 bis 34 jährigen um 90,0% und für das Rektumkarzinom um 124,2% sowie für 35 bis 49 jährige um 27,7% bzw. 46,0% steigen.

Bailey CE et al. Increasing Disparities in the Age-Related Incidences of Colon and Rectal Cancers in the United States, 1975-2010. JAMA Surg 2015;150:17-22