Barrett und Karzinomrisiko

1. Das neoplastische Potential der Barrett-Metaplasie wurde in den letzten Jahren stark überschätz. Die aktuelle Datenlage weist ein Karzinomrisiko von 0,3 bis 0,5% pro Jahr auf. Allerdings korreliert das Karzinomrisiko mit der Länge des Barrett.

Coleman HG et al. Symptoms and endoscopic features at barrett´s esophagus diagnosis: implication for neoplastic progression risk. Am J Gastroenterol 2014;109:527-34

2. Bedeutung erlangt hat die Indexendoskopie. Ist diese mit 4-Quadranten PE unauffällig, d.h. sind keine Dysplasien vorhanden, ist die Progression zum Karzinom niedrig und sinkt von Kontrollgastro zu Kontrollgastro (empfohlen wird erste nach einem Jahr, dann alle 3-4 Jahre). Finden sich allerdings niedriggradige neoplastische Veränderungen, also low grade dysplasia (LGD) oder low grade intraepithelial neoplasia (LGIN) dann steigt das Risiko bis 40%. Das heißt die erste Untersuchung sollte sehr sorgsam erfolgen.

Shakhatreh MH et al. The incidence of esophageal adenocarcinoma in a natiional veterans cohort with Barrett´s esophagus. Am J Gastroenterol 2014;109:1862-8
Cuvers WL et al. Low-grade dysplasia in Barrett´s esophagus: overdiagnosed and underestimated. Am J Gastroenterol 2010;105:1523-30

3. Es kann aber bei LGD mit einer Ablation das Tumorrisiko für die nächsten 2 Jahre drastisch gesenkt werden.

Phoa KN et al. Radio frequency ablation vs endoscopic surveillance for patients with Barrett esophagus and low-grade dysplasia: a randomized clinical trial. JAMA 2014;311:1209-17

Spektrum IgG4-assoziierter Erkrankungen

Es ist eine neue Entität beschrieben, die unter IgG4-assoziierter Erkrankungen subsummiert werden. Sie setzt sich aus einer Anzahl fibroinflammatorischer Krankheiten zusammen. Dichtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat, die IgG4-positive Plasmazellen enthalten und breite Bindegewebsbänder (steriforme Fibrose) sind typisch. 2003 sind diese extra-pankreatischen Manifestationen der autoimmune Pankreatitis (AIP) beschrieben worden. Die AIP selbst stellt ca. 10% aller Pankreatitiden dar und wird immer noch zu selten diagnostiziert. Betroffen ist die AIP Typ 1: lymphoplasmazytäre sklerosierende Pankreatitis (LPSP) mit erhöhten IgG4 im Serum. IgG4 ist die kleinste Subklasse der Immunglobuline und mit wenigen autoimmunen Erkrankungen assoziiert: Pemphigus vulgäres, kindliche membranöse Glomerulonephritis und thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP). Die Organmanifestationen umfassen Erkrankungen, die bisher nur als alleinstehende beschrieben wurden, wie die retroperitoneale Fibrose Ormond und chron. entzündliche Darmerkrankungen. Extrapankreatische Manifestationen der AIP sind weiters Iridozyklitis, Sialadenitis, Thyreoiditis, Cholangitis, Nephritis, Arthritis und Myositis. Wichtig für die Klinik ist, wenn ein Patienten mit einer bereits diagnostizierten extra-pankreatischen Manifestation Bauchschmerzen bekommt. Typische Symptome der AIP Typ 1 (häufigste Art) sind uncharakteristisch mit Diarrhoe und Gewichtsverlust begleitend. Ein Ikterus kann Ausdruck einer Pankreaskopfschwellung oder eben auch einer immun-assoziierten Cholangitis sein. Typisch ist das schnelle Ansprechen auf Kortison womit eine Operation nicht notwendig ist.

Löhr M et al. Autoimmunpankreatitis – Diagnostik und Therapie. Der Gastroenterologe 2012;7:493-506

Zur AIP: Erstbeschreibung einer neuartigen, idiopathischen chronisch-sklerosierenden Pankreatitis erfolgte 1961 durch Sarles et al. Mindestens zwei Subformen (AIP vom Typ 1 und 2), die sich hinsichtlich ihres klinischen Erscheinungsbildes, Histologie und Prognose unterscheiden. Typ 1: erhöhtes IgG4 im Serum, sie stellt die pankreatische Manifestation einer systemischen IgG4-assoziierten Erkrankung mit dem histologischen Korrelat der Lymphoplasmatic Sclerosing Pancreatitis (LPSP) dar. Typ 2: wird histologisch als Idiopathic Duct Centric Pancreatitis (IDCP) mit chrakteristischen Granulozytären Epithelialen Läsionen (sog. GELs) bezeichnet. Weißt selten erhöhte IgG4-Werte auf, ist jedoch in erhöhtem Maße (30%) mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert, histologisch: Idiopathic Duct Centric Pancreatitis (IDCP) mit chrakteristischen granulozytären epithelialen Läsionen (sog. GELs).

Sarles H et al. Observations on 205 confirmed cases of acute pancreatitis, recurring pancreatitis, and chronic pancreatitis. Gut 1965;6:545-559
Sah RP et al. Differences in clinical profile and relapse rate of type 1 versus type 2 autoimmune pancreatitis. Gastroenterology 2010;139:140-148; quiz e112-143
Kamisawa T et al. Clinical profile of autoimmune pancreatitis and its histological subtypes: an international multicenter survey. Pancreas 2011;40:809-814

Leberresektion bei Pankreasresektion

Derzeit gilt nach wie vor – wie in den S3 Leitlinien festgehalten, dass Resektion von Fernmetastasen beim Pankreaskarzinom nicht empfohlen wird. Hinsichtlich der Resektion sind tatsächlich nur wenige und retrospektive Studien mit geringen Fallzahlen als Single-Center Erfahrungen vorhanden. Nur 1,3 bis max 9% aller Pat. mit Pankreaskarzinom und Lebermetastasen kommen nach diesen Studien in Frage. Allen Arbeiten gemeinsam ist, dass sich Morbidität und Letalität in erfahrenen Zentren im akzeptablen Rahmen bewegen. Zudem scheinen diese Patienten auch tatsächlich einen Überlebensvorteil haben. Das mediane Überleben beträgt zum Beispiel nach den Berichten von 22 Patienten von insgesamt 1707, die wegen eines Lokalrezidivs (N=10) oder Fernmetastasen (Leber 6 Patienten, Lunge 5, Ovar ein Patient) operiert wurden 28,1 Monate. Als Progosefaktor gilt nicht unvermutet das Intervall zwischen Primärtumor und metachroner Metastasierung. Mehr als 15 Monate erwiesen sich als günstiger (8,2 vs 40,6 Monate) und Pat. mit Lokalrezidiv und Lungenfernmetatsasen hatten eine bessere Prognose als Pat.mit Lebermetastasen. Letztlich gibt es derzeit nur eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2008, wo hinsichtllch der Resektion keine Empfehlung abgegeben werden konnte. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Resektion von Fernmetastasen machbar ist, die Letalität und Morbidität ist vergleichbar mit der Leberchirurgie aus anderer Ursache und das Überleben entspricht der Patientengruppe ohne Metastasen.

Thomas RM et al. Selective reoperation for locally recurrent or metastatic pancreatic ductal adenocarcinoma following primary pancreatic resection. J Gastrointest Surg 2012;16:1696-1704
Boon BA et al. Resection of isolated local and metastatic recurrence in preambulary adenocarcinoma HPB (Oxford) 2014;16:197-203
Michalski CW et al. Resection of primary pancreatic cancer and liver metastasis: a systematic review. Dig Surg 2008;25:473-80

Nachtdienst beeinflusst nicht das postoperative Outcome am darauffolgenden Tag

Die Arbeit aus Toronto (anderes AZG, nicht wie bei uns bald 48H!) wurde im NEJM publiziert. Die Daten ohne Kommentar meinerseits:

A* B** P
30 Tage Mortalität 1,1% 1,1% n.s.
ungeplante Wiederaufnahme 7,1% 6.6% .05
30 Tage Morbidität 18,2% 18.1% n.s.
Mediane Tage im Spital 3 3 n.s.

*A=Kontrollgruppe; N = 19.489!
**B=ChirurgInnen mit Nachtdienst am Vortag; N = 19.489!

Govindarajan A et al. Outcomes of Daytime Procedures Performed by Attending Surgeons after Night Work. N Engl J Med 2015; 373:845-853August 27, 2015

Thyreoidektomie bei Mb. Basedow

Diese Studie als Belgrad berichtet über 1.432 Patienten (221 männlich), die wegen eines Mb. Basedow in den Jahren 1996 bis 2010 entweder thyreoidektomiert (86% aller Patienten in der Studie) oder subtotal (Dunhill-Operation) reseziert wurden. Das mittlere Alter betrug 34,8 Jahre. Karzinome wurde in 10,2% entdeckt, wovon 88% Mikrokarzinome waren. Die Komplikationen war in der Thyreoidektomiegruppe mit 3,2% permanenter Hypoparathyreoidismus, 0,9% Rekurrensparase und 1% Nachblutung nicht unterschiedlich zu der subtotal resezierten Gruppe.

Die Studie masst zum Vorgehen, dass beim Mb. Basedow eine Thyreoidektomie zielführend ist.

Bojic T et al. Total Thyroidectomy as a Method of Choice in the Treatment of Graves‘ Disease. BMC Surg. 2015;15(39)

Paraösophageal Hernie

Die operative Versorgung einer „paraösophagealen“* Hernie war lange Standard, da eine Minderdurchblutung (Strangulation, Volvulus), Blutungen und Passagehindernis als Komplikationen verhindert werden sollten. Erst die Arbeit von Stylopoulos 2002 führte einen Paradigmenwechsel ein, denn eine „watchful waiting“ Strategie bei keinen oder nur minimalen Symptomen – ähnlich der Leistenhernie, zeigte bei Pat. älter als 65 Jahre bessere Ergebnisse als elektive operative Versorgung. Es hat sich in der Folge aber auch gezeigt, dass mit dieser Strategie doch ein beträchtlicher Anteil an Patienten dann akut mit sehr schlechtem, teils katastrophalem outcome operiert werden mussten.
Diese Studie vergleicht die Ergebnisse akuter mit elektiver OP bei „paraösophagealen“ Hernien im NSQIP zwischen 2005 and 2012. 10.656 Patienten wurden eingeschlossen, von denen 383 (3,6%) akut operiert werden mussten und 10.273 (96,4%) elektiv. In der akute zu versorgenden Gruppe hatten 21% und in der elektiven nur 5,2% schwere Komplikationen. Unter schweren Komplikationen wurde Re-Operationen, Sepsis, Schock, Beatmung über 48H, Reintubation, zerebrovaskuläre und kardiale Ereignisse eingeschlossen. Der nicht-risiko adaptierte Vergleich zeigte ein fast 9-fach höheres (95% CI: 5,4 – 14,6; P < 0,001) Sterberisiko (30-Tage Letalität) und ein fast 5-fach erhöhtes Risiko für die 30-Tage Morbidität (4,9 95% CI: 3,8 – 6,4; P < 0,001). In der Multivarianzanalyse hingegen war nur mehr die Morbidität unterschiedlich, nicht aber die Mortalität. Insgesamt war die Mortalität beim laparoskopischen Vorgehen am niedrigsten (0,46%). Von den Autoren wurde konkludiert, dass sich etwas in der Sicherheit seit 2002 getan hat und die laparoskopische Versorgung einer paraöosphagealen Hernien vergleichbar sicher wie die laparoskopische Cholezystektomie ist.

*Ich habe das in Anführungszeichen gesetzt, da es sich meiner Meinung immer um Mischhernien und nicht um reine paraösophageale Hernien – die nach unserer Erfahrung nur nach Fundoplikatio isoliert auftreten kann, handelt.

Kaplan JA et al. Morbidity and Mortality Associated With Elective or Emergency Paraesophageal Hernia Repair. JAMA Surg. Published online August 26, 2015