Interessantes aus dem Clinical Congress 2013 des American College of Surgeons

Der diesjährige Kongress des American College of Surgeons stand unter dem Motto „the next 100 years“ und stand wieder im Zeichen vieler Vorträge zur Qualitätssicherung (NSQIP).

Spannend war ein Analyse an mehr als 120.000 Koloskopien die zeigte, dass die Sigmoideoskopie nicht als Screening vor allem bei älteren Patienten verwendet werden kann. Die Sigmoideoskopie wird nach wie vor in den vereinigten Staaten  im Gegensatz zu Europa als Screening-Methode angewandt. Es zeigte sich, dass bei den mehr als 120.000 Patienten in 45% (etwas mehr als 54.000) zumindest ein Polyp entdeckt wurde und dass eine beträchtliche Anzahl im rechtsseitigen Kolon  zu finden war (Zoekum 10%, Ascendens 15%, Transversum 15%, Deszendenz 12%, Sigma 25%, Rektum um 17%). 60% hatten zumindest einen Polypen, 25 % zwei und 11% drei oder mehr, 37% waren hyperplastische und 48% waren Adenome. Ähnliche Daten sind bereits bekannt, dass aber mit zunehmenden Alter die Polypen im vermehrten Maß im linksseitigen Kolon auftreten ist neu und besonders bemerkenswert. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich Polypen finden steigt für jede Dekade des Lebens im Zoekum um 22%, im Aszendens um 24%, im Transversum um 10% an und fällt für das Sigma mit 13% und im Rektum um 15% ab.

Das erhöhte Risiko onkologischer Patienten für eine tiefe Beinvenenthrombose und ein thromboembolisches Ereignis ist bekannt. Das selbe gilt auch für Patienten mit einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung. Diese Patienten haben nicht nur ein erhöhtes Risiko eine Thrombose zu erleiden, sondern es kommen auch koronare Herzerkrankung, Schlaganfall, sowie Mesenterialinfarkt vermehrt vor, wie eine Untersuchung der Universität Texas in Houston ergab. Bei mehr als 460.000 Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung traten 6 % thromboembolische Ereignisse auf. Es wurde der Schluss gezogen, dass vor allem ältere und männliche Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung hinsichtlich der Prophylaxe dieser Komplikationen besonders  sorgfältig betreut werden müssen.

Ein Vortrag aus Kanada bestätigt bisherige Ergebnisse eines Vorteils im unmittelbaren postoperativen Zeitraum der laparoskopischen Kolonresektion auch für Patienten die älter als 70 Jahre sind. Aus dem nationalen Register wurde mehr als 5.700 Patienten mit einer konventionellen und mehr als 3.700 Patienten mit einer laparoskopischem Kolonresektion die älter als 70 Jahre waren identifiziert. 87,5% aller laparoskopisch operierten Patienten konnte nach Hause entlassen werden, bei der konventionellen Resektion waren es hingegen nur 80%. Dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Eine in letzter Zeit besonders häufig geführte Debatte über die ungeplante Wiederaufnahmerate innerhalb von 30 Tagen nach einer Operation hat auch beim diesjährigen Kongress eine wesentliche Rolle gespielt. Die ungeplante Wiederaufnahmerate wird seit Jahren diskutiert, da Sie beträchtlich zur Kostensteigerung bei trägt (Medicare beziffert dies mit 28.000 Milliarden Dollar pro Jahr) und einen Patienten von 7 betrifft. Dies könnte aber nicht die ganze Wahrheit sein, denn der Berechnung liegen nur die Daten der eigenen Krankenhäusern zu Grunde. Gonzalez et al. ermittelten aus etwas weniger als 4.000 Spitälern an mehr als 740.000 Patienten in den Jahren 2007 und 2008 eine 5% Wiederaufnahme in anderen Krankenhäusern, womit das Problem noch evidenter wird als primär angenommen. Das Ausmaß der hauseigenen Wiederaufnahmerate wird bestätigt und lag in den untersuchten Krankenhäusern zwischen 2,6 und 15,3%. Daher sind weitere Anstrengungen zu unternehmen, wie tefonischer Kontakt mit nach Hause entlassenen Patienten, oder eine weitere Verbesserungen der Pflege im extramuralen Bereich. Eine Verlängerung des stationären Aufenthaltes wird interessanterweise nie diskutiert. Die ungeplante hauseigene Wiederaufnahmerate an der UK für Chirurgie beträgt rezente 2,7%. Auch uns ist die ungeplante Wiederaufnahmerate an anderen Krankenhäusern unbekannt.

Die Panel-Session über das Rektumkarzinom ergab überhaupt nicht neues. Besonders bemerkenswert und sehr außergewöhnlich war aber die Feststellung amerikanischer Kollegen, dass der „Vorsprung Europas auf diesem Gebiet gegenüber den Staaten Jahre betragen würde“. 

Karzinomrisiko bei chron. entzündlicher Darmerkrankung

Viele glauben, dass Pat. mit einer chron entzündlicher Darmerkrankung (CED) ein beträchtlich erhöhtes Karzinomrisiko hätten. Diese Meinung begründet sich aber auf alte Daten vor Jahrzehnten und wird der neuen medikamentösen Therapie der CED nicht gerecht.

Eine Merta-Analyse aus 2001 zeigte bereits, dass bei Pat. mit Kolitis ulcerosa (CU) im Langzeitverlauf nach 10 Jahren 2% und nach 30 Jahren 18% betrug(1). In einer Meta-Analyse 5 Jahre später betrug die Rate im soeben Zeitraum bereits 3% respektive 8% (2). Das wird auf die Therapie zurückgeführt. In einer rezenten Analyse aus einem Register in Dänemark (nach 178 million person-years) erkennt nun, dass einerseits dieser Trend einer fallenden Risikos weiter abnimmt und dass für die CU überhaupt kein Zusammenhang zwischen Kolonkarzinom und der Erkranung zu erkennen ist (3). Von 1979 bis 1988 war das relative Risiko bei CU ein KRK zu entwickeln mit 1,34 (95% CI: 1,13-1,58) noch stat. sig. erhöht, im Zeitraum 1989-1998 1,09 (95% CI: 0,90-1,33) und zwischen 1999-2008 war das Risiko sogar mit 0,57 (95% CI: 0,41-0,80) stat. sig. erniedrigt. Im Gegensatz dazu war das relative Risiko für Pat. mit Morbus Crohn (CD) mit 0.85 (95% CI, 0.67–1.07) ebenfalls stat. nicht signifikant erhöht und über die Zeit stabil.

Es sollte daher endlich mit dem Vorurteil aufgeräumt werden. Dies entspricht auch unserem klinischen Eindruck. Wir hatten an der UK für Chirurgie Salzburg in den letzten 4 Jahren lediglich einen Patienten mit KRK der auch an CD leidet.

(1) Eaden JA et al. Gut 2001;48:526-35
(2) Canavan C et al. Aliment Pharmacol Ther 2006;23:1097-1104
(3) Jess T et al. Gastroenterology 2012;143:375-81

Simultane Leberresektion beim KRK

Eine Meta-Analyse von 17 Studien (Fallzahl der einzelnen Studien bewegte sich zwischen 36 und 610, gesamt über Tausend mit simultaner und über 1800 Pat. mit Resektion im Intervall) zeigt, dass die simultane Leberresektion mit dem KRK Primum sicher ist und keinen Unterschied im Überleben zeigt. Postop. Komplikationen traten sogar bei simultaner Resektion signifikant seltener auf (Bias in der Selektion?). Kriterien, die eine simultane Resektion rechtfertigen sind nach dieser Meta-Analyse: Resektion ≤ 3 Segmente, Primum im rechten Hemikolon (oder zumindest Kolon, also kein Rektumkarzinom), <70 Jahre, <ASA 2.

An der UK für Chirurgie haben wir bislang nur bei der Resektion von max 2 Segmenten die simultane Leberresektion beim Kolonkarzinom durchgeführt, aber nicht auf das Alter der Patienten bei gutem Allgemeinzustand (ASA <2) Rücksicht genommen.

Yin Z, Liu C, Chen Y, Bai Y, Shang C, Yin R, Yin D, Wang J. Timing of hepatectomy in resectable synchronous colorectal liver metastases (SCRLM): Simultaneous or delayed? Hepatology. 2013 Jun;57(6):2346-57

2% aller Pat. mit Barrettösophagus verstirbt an einem Ösophaguskarzinom

Patienten mit einem Barrettmetaplasie haben ein erhöhtes Entartungsrisiko, dessen Ausmaß immer noch kontroversiell diskutiert wird. Die Arbeit untersucht über 15.000 Pat. mit Barrettösophagus und stellt sie einer „matched“ Population von über 150.000 Pat. gegenüber. Barrett Patienten hatten ein 21% erhöhtes Gesamt-Mortalitätsrisiko, aber nur 28% davon auf Grund eines Ösophaguskarzinoms. Die häufigste Ursache war eine ischämische Kardiomyopatie, die 4 mal häufiger als Todesursache auftrat als das Ösophaguskarzinom. Das kumulative 10-Jahresrisiko an einem Ösophaguskarzinom zu versterben war 2%.

Solaymani-Dodaran M, Card TR, West J. Cause-specific mortality of people with Barrett’s esophagus compared with the general population: a population-based cohort study. Gastroenterology 2013;144:1375-83